Es liegt bei uns, die Städte in all ihren Seinsmöglichkeiten zu erleben, in den verschiedenen Lesarten, die sie anregt, in den Mutmaßungen über de Welt, die sie in Ihren Plan aufgenommen hat. Eine Stadt ist immer und vollständig Zeitgenössisch. Von ihren historischen und kulturellen Dimen- sionen kann der Mensch nur im kulturellen und intellektuellen Sinn Gebrauch machen. Gerade in einer Kulturhauptstadt, die einen kulturellen und kunsthistorischen Betrachtungsweise aufzudrängen scheinen, ist die Ablehnung der Geschichte wichtig, um dort leben zu können. Die Werkästhetik bekommt in der Stadt, in der man zu Gast ist oder lebt, etwas aufdringliches und Lebensfeindliches. Sie erwartet von mir dümmliches Staunen, ohne Einwände, ohne andere Interessen. Und dass ich als Bewohner Touristen-Ströme hinnehme. Instinktiv sucht man dann nach nicht so bedeutenden Orten, nach umstrittenen Gegenständen, nach abseits liegenden Welten, scheinbar unabsichtigen Formen, nach Fundstücken, deren Finder ich bin, die von besonderer Aufmerksamkeit verschont sind, nach nicht so stimmigen Bildern, die teilhaben am Fehlerhaften. Man flieht das Zentrum und begibt sich an die Peripherie. oder ergeht sich als zeitloser Spaziergänger in Paris, die sich wie Walter Benjamin in der Kunst des Sich-Verirrens übten, oder als Nachkomme der Situationisten, die sich etwa mit einem Londoner Stadtplan in Paris orientierten.
Ich möchte neue Perspektiven auf die Stadt Wien kreieren. Die Bewohner und Besucher dazu bringen ihre Persönlichkeit und ihren Bezug zur Stadt Wien, neu zu definieren. Ich will, dass die Menschen ihre eigenen Position und den Grad ihres freien Urteilens über Ästhetik, Kultur und Hauptstadt, in Frage stellen.
Lucas Confurius (Technische Universität Wien – Architektur)